Italienische Forscher aus Palermo publizierten 2014 eine Fallbeschreibung1)https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23733158, nach der ein 79 jähriger Mann einen enormen Libidoschub durch die Supplementierung mit Cholin erfahren hätte.
Weil bei dem Mann eine leichte kognitive Beeinträchtigung diagnostiziert worden war, war dieser oral mit Cholin (in Form von täglich 1200 mg Alpha-GPC) behandelt worden. Als überraschende Nebenwirkung sei nach 6 Wochen geradezu eine Explosion des sexuellen Antriebs des Patienten festzustellen gewesen. Die Aktivität des Mannes mit seiner Frau habe sich von einer Frequenz von einmal im Monat auf mehrmals am Tag (!) gesteigert. Die Forscher qualifizierten das schon als pathologische Hypersexualität. Zudem berichtete der Patient auch von einer verbesserten Standhaftigkeit. Nachdem das Cholin abgesetzt worden war, verschwand die Hypersexualität nach etwa 5 Tagen.
Ungehemmtes sexuelles Verhalten dürfte eine relativ unerforschte neue Wirkung von Cholin und verwandten Arzneimitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln sein, die auf den cholinergen Weg wirken.
Bereits länger ist bekannt, dass Hypersexualität eine häufige Nebenwirkung von Dopaminagonisten (Dopamin fördernde Nahrungsmittel, bzw. Arzneien) ist. In Hinblick auf Cholin war das bisher jedoch unbekannt.
Cholin ist ein Vorläufer des Neurotransmitters Acetylcholin und findet sich zB in Sonnenblumen-Lecithin, Getreide (z. B. Weizenkeime), Sojabohnen, Gemüse und Nüssen. Bei der im gegenständlichen Fall verwendeten Form von Cholin handelte es sich um Alpha-GPC (L-alpha-Glycerylphosphorylcholin), eine Substanz, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann und vor allem bei altersbedingten kognitiven Beeinträchtigungen breitere Anwendung findet. Dazu gibt es bereits seit längerem erfolgversprechende Studien.
Chronischer Cholinmangel wird mit der Entstehung einer Fettleber assoziiert, währenddessen sehr hohe Dosen von Cholin mit der Begünstigung von Darmkrebs in Verbindung gebracht werden.
Das in der oben angeführten Fallbeschreibung verwendete Alpha GPC scheint nicht nur hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten leistungssteigernde Eigenschaften zu haben, sondern dürfte auch die Körperkraft und Ausdauer positiv beeinflussen.
So zeigte bereits 2002 eine Studie mit jungen Männer (überwiegend 25 Jahre alt), denen man eine Einzeldosis Alpha-GPC (1000mg) verabreichte, innerhalb einer Stunde eine erheblich erhöhte Wachstumshormonsekretion und Fettverbrennung. Nach 60 Minuten war ihr Wachstumshormon um 290% gestiegen. Die Werte seien nach 2 Stunden zum Ausgangswert zurückgekehrt.
2015 wurde in einer Studie ein Kraftzuwachs bei jungen Männern (Durchschnittsalter 21,9 Jahre) an den unteren Extremitäten nach 6 Tagen Supplementierung von Alpha-GPC (600mg täglich) gemessen. Und das ohne zusätzliches Training! Auch am Oberkörper wurden zum Teil erhebliche Kraftsteigerungen gemessen – dies jedoch aufgrund der gemessenen Schwankungen und der kleinen Testgruppen – an der Studie waren nur 13 Männer beteiligt – in einem statistisch nicht signifikantem Ausmaß.
Quellen:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29927403
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23733158
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22673596/
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26582972/
Quellenverzeichnis
↑1 | https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23733158 |
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